Streichbandzither ("Pentaphon") |
Andreas Michel |
Das Pentaphon stellt einen der vielen Versuche um die Jahrhundertwende
dar, Saiteninstrumente mit mechanischen Spielvorrichtungen auszustatten.
Der in Hamburg und später dann in Berlin lebende Zitherbauer Henry Müller-Braunau experimentierte
insbesondere mit Zithern, die mit einem Streichband in Schlaufenform zum Klingen gebracht wurden. In
der Literatur wird schon 1896 eine von ihm konstruierten "Pedalgeige" erwähnt. |
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ZfI XXIV, 1904, Nr. 23 vom 11.5.1904, 669:
Patenterteilung "Nr. 152 324. Streichinstrument mit Streichband. Henry Müller, Halensee bei Berlin.
21.6.1903." ZfI XXIII, 1903; Nr. 16. vom 1.3.1903, S. 425: "Patentnachrichten. ... Ertheilungen ... No. 140659.
Streichinstrument mit Griffbrett und umlaufenden Streichband. Pentaphon, G.m.b.H., Berlin 27.05.1902. / No.
140700 Saiteninstrument mit Streichband. Pentaphon, G.m.b.H., Berlin 24.6.1902" |
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Hans Kennedy: Die Zither in der Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft. Tölz 1896, S. 129: "Als den Versuch einer Vereinigung von Streich- und Schlagzither
möchten wir die elektrische Streichlyra von Kühmayer in Pressburg nicht unerwähnt lassen.
Sobald auf dieser die Finger Griffsaiten gegen die Bunde drücken, wird der von einem kleinen Elemente
gelieferte elektrische Strom geschlossen und löst eine Vorrichtung aus, die ein kolophoniertes Band gegen
die Saiten presst. Dieses Band, durch eine Tretvorrichtung in Bewegung gesetzt, streicht die Griffsaiten an,
während die nun völlig freie Rechte sich in den Freisaiten ergehen kann. Der »Ton klingt dick und edel
gegenüber den bleichsüchtigen mageren Tönen der besten Streichzithern«. (Vincent, Echo VII. 1.) Mit solchen
und ähnlichen Lobeserhebungen wurde die Erfindung seiner Zeit als »epochemachend« bezeichnet (ibid. u. Zith.
II. 6.), fand aber keine erwähnenswerte Verbreitung. Wer das Ding längere Zeit spielte (Leichleitner-Zürich),
klagte über entsetzliche Monotonie der Töne, und der hohe Anschaffungspreis (ca. 500 Mark) vermochte
ebenfalls keine Liebhaber anzulocken. Etwas mehr Land scheint sich die von Müller-Braunau erfundene »Pedalgeige«
erobern zu wollen." |
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1903 erhielt Henry Müller-Braunau das "Pentaphon" patentiert, eine
mechanische Streichzither in Tischform, bei der das über fünf Räder laufende Streichband mit Tastenhebeln gegen
die Saiten gedrückt werden kann. Durch zwei Pedale wird das Band in Drehung versetzt. Die Saiten liegen auf
einem Zithergriffbrett mit Metallbünden und werden dort in der üblichen Weise mit den Fingern der linken Hand
abgegriffen. |
Als führender Hersteller der Pentaphone traten die Leipziger Polyphon-Musikwerke AG
in Erscheinung, vertrieben wurden die Streichzithern mit dem Warenzeichen "Pentaphon" u.a. durch die
Berliner "Pentaphon-Gesellschaft". |
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ZfI XXIII (1903), 569: Warenzeichen No. 58687. P.
3187. / Pentaphon / 23.10.1902 [= Tag der Anmeldung]. Pentaphon-Gesellschaft mit beschränkter Haftung,
Berlin, Alexanderstr. 71. 10.3.1903 [= Tag der Eintragung]. G[eschäftsbetrieb]: Herstellung und Vertrieb
mechanischer Musikwerke. W[aren]: Saiten-, Schlag- und Blasinstrumente, Stimmenkammermusikwerke mit
auswechselbaren Spielscheiben (Notenblättern), mit Saug- und Druckluft arbeitende Zungeninstrumente, welche
durch Notenblätter oder Walzen spielbar sind; band- und scheibenförmige Notenblätter für mechanische
Musikwerke, Saiten, Harz in fester und gelöster Form, Stimmschlüssel, Notenpulte, musikalische Lehr- und
Hilfsmittel, nämlich: Gebrauchsanweisungen und Beschreibungen, Tontabellen, Schulen, Gehäuse für
Musikinstrumente; Ersatz- und Einzeltheile für Musikinstrumente." |
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Das Pentaphon der Heyer-Sammlung (Inv.-Nr. 349; vgl. Kinsky 1910, S. 385f.
und 1912, S. 669) zählt zu den Kriegsverlusten, konnte jedoch 1960 durch Neuankauf ersetzt werden (Inv.-Nr.
3493). |
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Henry Müller-Braunau: Kurze, praktische Einführung in das Spiel des Pentaphon /
Elementar-Anweisung mit vielen Uebungs- und Vortragsstücken. Eigentum der Verleger
Polyphon-Musikwerke Akt. Ges. Wahren in Sachsen. o.J. [1904], S. 2
"Das Pentaphon ist ein leicht, schnell und angenehm zu erlernendes Streichinstrument, dessen
Klang sich durch Fülle und Schönheit besonders auszeichnet.
In Ausdrucksfähigkeit und melodischer Beweglichkeit ist das Pentaphon der Violine, der Bratsche und
dem Violoncello vollkommen ebenbürtig, in der Ausführung zwei- und mehrstimmiger Sätze und voller
Harmonien ist es diesen Instrumenten jedoch weit überlegen.
Ausnahmslos sämtliche Tonstücke der Streichinstrument-Litteratur sind ohne irgendwelche Änderung mit
allen geforderten klanglichen Schattierungen und dynamischen Feinheiten nach der Original-Vorlage
auf dem Pentaphon auszuführen.
Alle für Streichinstrumente erhältlichen Musikalien können ohne weiteres benutzt werden, denn auch
Fingersatzangaben, Lagenbezeichnungen, sonstige Spielvorschriften u.s.w. bleiben für das Pentaphon
ungeändert geltend.
Dem Pentaphonisten stehen somit vortreffliche Tonschöpfungen in grösster Zahl zur Verfügung, und
jeder Musikfreund kann mit diesem neuen Instrumente schnell dahin gelangen, im Einzelspiel oder im
Zusammenwirken mit anderen Klangorganen (Klavier, Gesang, Streich- oder Blasinstrumente u.s.w.) sich
und anderen erlesene Kunstgenüsse zu erschliessen." (S. 2) |
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Inhalt |
Zithern Übersicht | Bibliographie |
3493 |
© STUDIA INSTRUMENTORUM MUSICAE 2001 |