Zur Geschichte der Zistern-Sammlung im Musikinstrumenten-Museum der Universität Leipzig
Andreas Michel
Das Inventar der Musikinstrumenten-Sammlung der Universität Leipzig zählt insgesamt 44 Zistern. Von diesem Bestand gelten 15 Instrumente als Kriegsverlust, so daß, schließt man in die Zählung auch die beiden fragmentarisch erhaltenen Stücke Inv.-Nr. 614 und 640 ein, gegenwärtig 29 Zistern erhalten sind.
Aus typologischer Sicht gliedern sich die Zisterninstrumente folgendermaßen:
2 italienische Zistern aus dem 16. Jahrhundert
1 italienische Zister aus dem 17. Jahrhundert (?)
4 zum Stilkreis der französischen und flandrischen Instrumente aus der 2. Hälfte des 18. Jh. gehörende Zistern
6 English guitars
1 Hamburger Cithrinchen
1 Süddeutsches Zisternmodell des 18. Jahrhunderts
2 Lautenzistern aus dem 18. Jahrhundert
1 historisierendes Modell vor 1900 ("Lutherzither")
3 Kopien historischer Modelle (Pandora, Penorcon, Orpheoreon)
6 Theorbenzistern, davon 3 sächsische Modelle
1 siebensaitige, einchörige Sister aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts
3 englische Tastenzistern
2 Toggenburger Halszithern
7 Thüringer Zistern aus der Zeit um 1800
3 Thüringer Waldzithern moderner Bauart (nach 1900)
1 Miniaturzister
Damit verfügt das Leipziger Museum über einen vielfältigen und facettenreichen Bestand, der die Geschichte der Zister weitgehend und repräsentativ dokumentiert.
Aus der Sammlung Paul de Wits, die 1905 in das Heyersche  Musikhistorische Museum aufgenommen wurde, stammen insgesamt achtzehn Zistern.
Die früheste Quelle "Perlen aus der Instrumentensammlung von Paul de Wit Leipzig" enthält auf Tafel 13 sechs Abbildungen von Zistern. Auf Tafel 12 ist die gitarrisierte Lautenzister von Johann Goldberg, Danzig 1747, zu sehen (Inv.-Nr. 573).
Im ersten Katalog zur Sammlung von Paul de Wit aus dem Jahre 1893 werden insgesamt zehn Zistern aufgeführt. In dieser Zeit gelangte auch das berühmte Hamburger Cithrinchen von Joachim Tielke, Hamburg 1694, in das Museum, denn es wird in einem Bericht der Zeitschrift für Instrumentenbau, Ausgabe vom 1. Mai 1893, erstmalig genannt (Neuerwerbungen für das musikhistorische Museum von Paul de Wit in Leipzig. In: Zeitschrift für Instrumentenbau XIII, 1893, S. 529).
Der II. Nachtrag zum Katalog von 1893 aus dem Jahre 1895/96 führt dann die Thüringer Zistern Inv.-Nr. 635 von J. W. Wolf, Crawinkel 1798 sowie Inv.-Nr. 638 von L. Grau, Erfurt 1846, auf.
Bis 1903 erwarb de Wit weitere vier Zistern, so daß das jüngste seiner Verzeichnisse (1903) insgesamt 17 Zistern auflistet.
Auf der Internationalen Ausstellung für Musik- und Theaterwesen in Wien 1892 wurden aus der Sammlung von de Wit insgesamt 94 Musikinstrumente gezeigt, darunter vier Zistern.
Der Katalog (Wien 1892, S. 142ff.) weist aus: "Nr. 14. Tastencister, sechschörig mit Claviaturaufsatz und  Hammermechanik. Bez.: »Preston Inventor.« XVIII. Jhdt."; "Nr. 22. Cister, sechschörig, mit Stimmechanik. XVIII. Jhdt."; "Nr. 26. Cister, sechssaitig mit Metallrosette und Stimmechanik. XVIII. Jhdt."; "Nr. 29. Theorben-Cister. Sehr altes Instrument mit 4 Chören Spielsaiten auf dem ersten und 6 Begleitsaiten auf dem zweiten Hals. XVII. Jhdt."
Die genannten Katalognummern dürften folgenden heutigen Inventarnummern entsprechen: Nr. 14 = 626**, Nr. 26 = 624, Nr. 22 = 623 (?), Nr. 29 = 631 (?).
Der Katalog der Ausstellung Wien wurde nach Abschluß des Bildbandes "Perlen aus der Instrumen­tensammlung von Paul de Wit Leipzig" hergestellt.
Das bei de Wit und später auch bei Kinsky (1912) als Gitarre bezeichnete Instrument von Anton Wainert, Warschau 1806, kann als Zister (English guitar) klassifiziert werden.
Kinsky führte das Instrument als Terzgitarre auf. Da Korpusform, obere Saitenaufhängung und vor allem die unterständige Saitenbefestigung Merkmale von Zistern sind, ist eine entsprechende Klassifizierung als English guitar berechtigt. Eine einchörige Besaitung weisen auch andere English guitars (Inv.-Nr. 624 und 625) auf. Die neapolitanische Terzgitarre Inv.-Nr. 576 kann aufgrund der vorderständigen Saitenbefestigung nicht zu den Zistern gezählt werden.
Aus der Sammlung von Alessandro Kraus (jun.) stammen vielleicht drei Instrumente; nur eines davon läßt sich eindeutig identifizieren (Inv.-Nr. 627). Mit der "Cistro a dodici corde. XVI secolo" (Nr. 493; vgl. Kraus 1901, S. 18) könnte eine der beiden italienischen Zistern Inv.-Nr. 612 oder 613 gemeint sein.
Georg Kinsky führte in seinem Katalog der Zupf- und Streichinstrumente 1912 ingesamt 31 Instrumente im Abschnitt "Cistern" auf. Die gitarrisierte Lautenzister wurde dem Abschnitt "Gitarren" zugeordnet.
Nach dem 2. Weltkrieg konnte der Sammlungsbestand um neun Zistern ergänzt werden. Zu den Neuerwerbungen zählen eine sächsische Theorbenzister (Inv.-Nr. 4540), die Lautenzister von Johann Gollberg (Inv.-Nr. 3358), eine English guitar von John Preston (Inv.-Nr. 5005), mehrere Thüringer Zistern aus dem 18./19. Jahrhundert (Inv.-Nr. 3322, 3630, 3633) sowie einige sogenannte Waldzithern aus Markneukirchner Produktion.
Frühester Nachweis Sammlung de Wit
Katalog / Verzeichnis Instrument  Inv.-Nr.
1892 Wien 1892 1893 1894 1896 1901 1903
13/1 - 81 - - - 157 Orpheoreon (Pandora); ital  640
- - - 439 - - 185 Hamburger Cithrinchen; J. Tielke  639
- - - - - - 200 English guitar  625
13/18 22 84 - - - 201 English guitar  623 (?)
13/17 - 85 - - - 202 Cistre;Deleplanque, 1773  620
13/10 - 86 - - - 203 Zister; italienisch, siebensaitig  614
- - 87 - - - 204 Zister; deutsch  615 (?)
- - 90 - - - 205 Zister; 13 Saiten  616 (?)
- - 91 - - - 206 Sister; 7 Saiten  621 (?)
- 26 88 - - - 207 Engl. (Portug. ?) Gitarre  624 (?)
- - - - - - 208 Thüringer Zister  636
- - - - 582 - 209 Thüringer Zister; L. Grau, 1846  638
- - - - 653 - 210 Thüringer Zister; J. W. Wolf, 1798  635
- - - - - - 211 Theorbenzister; J. G. Klemm, 1755  632
13/2 29 82 - - - 212 Sächs. Theorbenzister; unsign.  631
- 14 83 - - - 213 Keyed English guitar; Preston  626
- - - - - x 214 Keyed English guitar  628
13/11 - - - - - - Tastenzister; Clauss, London 1782  ?
- - - 438 - - 184 English guitar; Wainert, 1806  577
12/3 20 61 - - - 139 Lautenzister, J. Goldberg, 1747  573
Quellen
1892 Paul de Wit: Perlen aus der Instrumenten-Sammlung von Paul de Wit in Leipzig, Leipzig 1892; Taf. 13
Wien 1892 Internationale Ausstellung für Musik- und Theaterwesen Wien 1892. Fach-Katalog der Musikhistorischen Abtheilung von Deutschland und Oesterreich-Ungarn. Wien 1892
1893 Paul de Wit: Kurzgefaßter Katalog aller im Musikhistorischen Museum von Paul de Wit vorhandenen Musikinstrumente, Gemälde und anderen Merkwürdigkeiten, die auf Musik oder Musik-Instrumente Bezug haben. Leipzig 1893
1894 Paul de Wit: I. Nachtrag 1893/94 zum Kataloge des Musikhistorischen Museums von Paul de Wit. Leipzig 1894
1896 Paul de Wit: II. Nachtrag 1895/96 über Neuerwerbungen von Dezember 1894 bis Mai 1896. Leipzig 1896
1901 Alessandro Kraus.: Catalogo della Collezione Etnografico-Musicale Kraus in Firenze. Sezione Istrumenti Musicali. Firenze 1901
1903 Paul de Wit: Katalog des Musikhistorischen Museums von Paul de Wit. Leipzig 1903 
Katalog Kraus 1901
493 Italienische Zister; 12 Saiten, 16. Jahrhundert 612/13 (?)
714 Keyed English guitar; Longman & Broderip, London 1790 627
784 Deutsche/schweiz. Zister; 11 Saiten, 18. Jahrhundert 615 (?)
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© STUDIA INSTRUMENTORUM MUSICAE 2005