Die Weißgerber-Werkstatt |
Angela Waltner |
Richard Jacob begann im Jahre 1905 mit der selbstständigen Tätigkeit als Instrumentenbauer. Im Laufe seines Lebens arbeitete er dabei in verschiedenen Werkstätten: |
1905 - 1911 |
Arbeit in der Werkstatt seines Vaters Karl August Jacob |
1911 - 1919 |
Breitenfelder Str. 77 |
1919 - 1929 |
Klingenthaler Str. 888 |
1929 - 1960 |
Goethestr. 2 |
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Das Haus in der Goethestraße ist in die sehr kurze Häuserzeile integriert. Richard Jacob konnte dort 1929 eine Baulücke ausfüllen. Auf
der rechten Seite befand sich in den zwanziger Jahren ein Gasthaus, links stehen noch zwei weitere Wohnhäuser. Die Wohnung im Erdgeschoss
besteht aus vier Zimmern. Die Küche und ein zweites Zimmer sind in den Hof gerichtet. Zur Straße hin gibt es zwei Räume mit drei bzw. zwei
Fenstern. Die Wohnung im ersten Stock ist etwas breiter als im Erdgeschoss, da dort der Flur kleiner ist. Im Dachgeschoss befindet sich
noch eine Wohnung, die von der Familie Jacob nicht bewohnt wurde. |
Richard Jacob bewohnte mit seiner Frau und den drei Kindern das Erdgeschoss. Das gesamte Familienleben spielte sich in Verbindung mit
der Arbeit Richard Jacobs ab. Es war in dieser Zeit bei handwerklich arbeitenden Instrumentenbauern allgemein üblich, dass sich der
Arbeitsplatz im Wohnbereich befand. Anfänglich befand sich die Werkstatt in der Küche. Eine Werbepostkarte zeigt dort Richard mit seinem Sohn
Arnold. Das Zimmer links daneben war das Schlafzimmer, an dessen Decke Gitarren hingen. Das auf die Straße gerichtete Wohnzimmer wurde nur
selten benutzt. Ein Raum im ersten Stock diente als Gitarrenlager. Dort hingen an der gesamten Decke fertig gestellte, unbesaitete Gitarren. An
den Wänden waren auf- und nebeneinander Korpora ohne Hälse aufgestellt. Das Rohmaterial befand sich auf dem Dachboden. Im Gegensatz zur üblichen
Praxis vieler Gitarrenbauer dieser Zeit bezog Jacob seine Hölzer nicht kurz vor dem Bau vom Sägewerk, sondern lagerte diese einige Jahre. Als
für die Werkstatt mehr Raum gebraucht wurde - der jüngere Sohn Arnold arbeitete seit 1932 in der väterlichen Werkstatt mit - wurde sie in das
zweifenstrige Zimmer zur Straße hin verlegt. |
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Werkstatt von Richard Jacob; Rekonstruktion der originalen Werkstatt (Markneukirchen, Goethestraße 2) in der Ausstellung des Museums für Musikinstrumente der
Universität Leipzig |
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Nach dem Tod Arnold Jacobs trat ab Sommer 1945 der ältere Sohn Martin in die Werkstatt ein. Er arbeitete immer in der Werkstätte seines
Vaters, jedoch unter eigenem Namen. 1950 zog Martin Jacob in den ersten Stock des Hauses. Zuvor hatte er für kurze Zeit in Wohlhausen, einem
Nachbarort, danach in der Erlbacher Straße unweit der Goethestraße gelebt. Er hatte 1949 geheiratet. |
Als Richard Jacob 1960 starb, blieb die Werkstatt zunächst im Erdgeschoss bestehen. Seine Witwe wohnte noch in der Wohnung. Sie zog
später zu Martin ins Mittelgeschoss, bis sie 1989 im Alter von 89 Jahren starb. Daraufhin wurde die Wohnung im Erdgeschoss geräumt und die
Werkstatt nach oben verlagert. Sie befand sich dort über dem ehemaligen Wohnzimmer mit Blick auf die Straße. In diesem Zustand blieb die
Werkstatt bis 1999 erhalten. Vor der Überführung des Inventars nach Leipzig wurde die Werkstatt so dokumentiert und inventarisiert. Der
Bestand der Werkstatt umfasst im Wesentlichen Schablonen, Werkzeuge, Maschinen, Beiz- und Poliermaterial, Rohmaterial und Bestandteile sowie
Möbel. Einige Gegenstände wurden schon 1985 zusammen mit den Gitarren dem Museum übergeben (vgl. Inv.-Nr. 5107). |
Im Inventar der Werkstatt spiegelt sich bei weitem nicht das gesamte Werk Richard Jacobs. Vor allem fehlen Umrissschablonen z.B. von
Biedermeier-, Wappen- und Bassgitarren sowie Zulagen. Vielleicht wurden diese frühen Modelle von Richard schon zu Lebzeiten nicht mehr als
bauwürdig betrachtet und die Schablonen somit ausgemustert. Auch ist möglich, dass Martin einiges Material ausmusterte, als er in das
Mittelgeschoss umzog, obwohl seine Tochter das für unvorstellbar hält, da er nach ihren Worten die Arbeit seines Vaters sehr schätzte. |
Es kann aber davon ausgegangen werden, dass vieles von dem, was Richard Jacob benutzte, von seinem Sohn weiterverwendet wurde.
Sicherlich war ja Werkzeug u.ä. schon zu Lebzeiten gemeinsamer Bestandteil der Werkstatt. |
Viele Gegenstände können aufgrund ihres offensichtlichen Alters Richard Jacob zugeordnet werden. Mit Sicherheit lässt sich das von
einigen Gegenständen aussagen, vor allem von solchen, die aus heutiger Sicht antiquiert sind, wie beispielsweise ein spiritusbeheizbarer
Leimkocher, wie er schon in einem Katalog der Gebrüder Schuster um 1911 angeboten wurde. Einige Gegenstände sind mit Sicherheit jüngere
Erwerbungen von Martin Jacob, dürften also nicht mehr von Richard Jacob benutzt worden sein. |
Richard Jacobs Arbeitsethos zielte auf die Instrumentenherstellung in reiner Handarbeit, wie er immer wieder betonte. Martin schätzte die
Arbeitsauffassung seines Vaters sehr. Jedoch herrschten in Bezug auf manche Arbeitsweisen divergierende Ansichten. So sind die vorhandenen
Maschinen dem Sohn zuzuschreiben. |
Der Werkstatt-Nachlass |
Die im Jahre 1998 vom Musikinstrumenten-Museum der Universität Leipzig erworbene Werkstatt wurde unter der Inventarnummer 5072
registriert. Unter dieser Nummer erfolgte die Erfassung des Bestandes mit fortlaufender Nummerierung (Inv.-Nr. 5072/1 bis 5072/438). Auch
diejenigen Gegenstände, die dem Museum als Leihgabe übergeben wurden, sind in diese Liste eingegliedert. Die Nummern wurden entweder auf
einzelne Gegenstände oder Gegenständegruppen vergeben. |
Werkzeug |
Die Werkzeuge der "Kunstwerkstätten Weißgerber" unterscheiden sich in der Anlage kaum von denen in anderen, auch heutigen Werkstätten.
Selbst hergestellte Werkzeuge sind nur sehr spärlich vorhanden. Das Inventar umfasst im Wesentlichen Hobel, Sägen, Raspeln und Feilen,
Schneid-, Mess- und Schleifwerkzeug. Verschiedenes findet man in einem Katalog der Handelsfirma Gebr. Schuster unter "Werkzeuge für
Geigenmacher" wieder. Einiges kann durch die dortigen Abbildungen identifiziert werden. |
Bei den Holzhobeln sind zwei Exemplare auffällig: ein Hobel mit längsgewölbter Sohle und einer mit halbrundem Profil. In dieser Größe
werden solche Formen im Gitarrenbau heute eher nicht verwendet. Nach dem Grad der Abnutzung zu urteilen, wurden sie nicht weniger häufig
gebraucht als die übrigen. Im Küchenbuffet finden sich kleine Hobel in diversen Formen, mit flacher oder gewölbter Sohle. Es ist möglich, dass
diese für die Ausarbeitung der Hohlkehle verwendet wurden, wahrscheinlich auch für die Kehlung der Bodenspäne des Tielke-Modells.
Bei den Holzhobeln sind die Griffe elegant geschwungen und damit handlich. |
Im Inventar befinden sich weiterhin verschiedene Gestell-, Blatt-, Laub-, Handstichsägen. Die zuletzt genannten dürften für das Aussägen
der Mechanikfenster Verwendung gefunden haben. Die Blattsägen sind teilweise sehr weit von Hand heruntergefeilt. Andere besitzen ein
Wechselblatt. |
Raspeln und Feilen sind in beträchtlicher Anzahl und verschiedensten Formen vorhanden, teilweise noch ungebraucht: flach, halbrund,
Vogelzunge, dreieckig. Neben kleinen Schlüsselfeilen findet sich auch eine Vogelzunge, bei welcher der Hieb abgeschliffen wurde. Der Besitzer
verwendete sie vielleicht als Streichstahl, um den Grat der Ziehklinge aufzuziehen. |
Universalwerkzeug einer Gitarrenbauwerkstatt ist der Schnitzer, ein Messer, das vorn mehr oder weniger steil angeschliffen ist. Je nach
Anschliff kann der Schnitzer unterschiedlichen Zwecken dienen. Auch in dieser Werkstatt existieren einige Formen. Die schmalen Schnitzeisen
eignen sich zum Anfertigen der Verzierungen, die an Stegen und Köpfen der Weißgerber-Gitarren anzutreffen sind. Die aufwendig geschnitzten
sogenannten Kronenköpfe hat jedoch M. Ullmann gefertigt, der später nach Bubenreuth übersiedelte. |
Stemmeisen sind in reichlicher Zahl in verschiedensten Breiten vorhanden, teilweise stark abgeschliffen. Zum Adergraben schneiden gibt
es mehrere Spanausheber unterschiedlicher Breite. Das sind gekröpfte Stecheisen, einer ist nicht nach vorn, sondern zur Seite hin
angeschliffen. Reibahlen zum Anpassen von Wirbeln und Endknopf sind in einschneidiger (schaufelförmiger) und dreischneidiger Ausführung
vorhanden. Drechseleisen ergänzen den Bestand. |
Das Werkzeug wurde an einem Wasserstein (Sandstein) mit Fußbetrieb geschliffen. Als Abziehsteine finden sich Natursteine (Belgische
Brocken) und Kunststeine. Offenbar zog der letzte Besitzer seine Eisen mit Öl ab. Bei den Steinen liegt ein Lederstreifen, das der Schneide den
letzten Schliff gibt. |
In der Weißgerber-Werkstatt befindet sich ein Stärkemessgerät, was aber nicht zwingend heißt, dass dieses für die Deckenausarbeitung
verwendet wurde. Vorhandene Zirkel deuten darauf hin, dass mit diesen gearbeitet wurde. Im Inventar befinden sich mehrere Zeichnungen von
Gitarrenumrissen. Die Zeichnung einer Biedermeiergitarre zeigt deutlich Schnittstellen von Zirkelschlägen. Zusätzlich existieren mehrere
Saitenmessgeräte. |
Die vorgefundenen Zwingen bestehen allesamt aus Holz mit Holzgewinde. Es finden sich Fugzwingen, Zuleimzwingen, gewöhnliche
Zwingen unterschiedlicher Größen. Hervorzuheben sind mehrere Zwingen, die zum Aufleimen des Steges vorgesehen sind. Sie sind an den Schenkeln
ausgespart, um durch das Schallloch zu passen. Am Fuß ist ein Klötzchen mit einer Aussparung für eine Leiste angebracht. Als Reifchenklammern
dienen Ahornzuschnitte, die an einer Seite ausgespart sind, wo sie auf den Zargenkranz aufgesteckt werden. |
Maschinen |
Zum Inventar der Werkstatt gehört ein Abrichthobel, eine Flex und eine Drehbank. In der zur Goethestraße parallel verlaufenden
Schillerstraße befand sich der Maschinenbaubetrieb der Fa. Horst Aehnelt. Dort ließ sich Martin Maschinen nach seinen Vorstellungen
bauen. Nach Aussage seiner Tochter war er sehr stolz auf die Neuerungen, die er so in die Werkstatt einbrachte. Der Abrichthobel wurde in diesem
Betrieb hergestellt. Eine Flex stammt vom VEB Elektromotorenwerk Großenhain/Sa. Zu dieser existiert etliches Zubehör. Diese Maschine
wurde zum Schleifen und Polieren verwendet. Im Zubehör (Inv.-Nr. 5072/164-166, 289, 345, 429) finden sich Schleifscheiben
unterschiedlicher Größe, verschieden geformte Schleifköpfe und dazu gehörendes Schleifpapier. Es wurde mit Filzscheiben und -köpfen
unterschiedlicher Härte gearbeitet. Ein Aufsatz besteht aus Gummischwamm, ein zweiter solcher wurde mit Stoff umnäht. |
Die Drehbank könnte eine Eigenfabrikation sein. Zum Einspannen, nur einseitig, dient ein einfaches Bohrfutter. Ein gegenüberliegender
Holztisch kann in der Höhe verstellt werden. Die Keile in der Zubehörschachtel konnten zum Fixieren des Tisches gebraucht worden sein.
Diese haben unterschiedliche Höhen und sind nummeriert von 1 bis 7 mit dem Zusatz "mit" oder "ohne". Der Tisch weist Abnutzungsspuren auf.
Vermutlich wurden Stegstecker und Endknöpfe gedreht, vielleicht auch Wirbel. Inv.-Nr. 5072/246 listet Wirbel in unterschiedlicher Qualität
auf. Das deutet zumindest darauf hin, dass nicht alle selber gefertigt wurden. |
Beizen, Lacke und Polituren |
Richard Jacob beizte ("tönte") die Decken und auch die Ahornkorpora. Die Instrumente sind absolut gleichmäßig, ohne Flecken gefärbt. Einige
Beizen befinden sich gelöst in Flaschen. Ein Großteil jedoch als Pulver im Karteikastenschrank (Inv.-Nr. 5072/167, 177). Es sind zum Teil Mengen
von ca. 1 kg. Die meisten sind wasserlöslich, einige spirituslöslich. Die Farbtöne sind vielfältig, am häufigsten sind die Farben helleiche,
zedernholz, mahagonirot und schwarz. |
Inwieweit Richard Jacob solche Beizen verwendet hat, ist nicht klar. Seine Tochter berichtet davon, dass er einen warmen bräunlichen Farbton
mit einer schwelenden Gasflamme aus einer gewissen Entfernung erzeugte. Mit Salpetersäure reagiert Holz auf diese Weise. Die Farbe entsteht
schlagartig bei großer Wärme. Diese Säure befindet sich jedoch nicht im Inventar. Eine andere Flasche enthält "Kali" (wahrscheinlich
Kaliumchromoxid), eine weitere "Salmiakgeist". Nach Aussage eines Markneukirchener Drogisten wurden diese Chemikalien in Verbindung zum
sogenannten Räuchern verwendet. Hierzu ist jedoch keine Gasflamme notwendig. Ein Paket der Fa. E. & G. Habich’s Farbenfabrik, datiert vom
13.3.1958, ist an "Firma Martin Jakob" adressiert. |
In einer Pappschachtel sind "Beizlappen" aufbewahrt. Dies bestehen vor allem aus mehr oder weniger groben Leinen- und Baumwollstoffen. Sie
sind nicht sehr stark verfärbt. Noch heute werden in Markneukirchen zum Beizen Hasenpfoten (Hinterläufe) verwendet. Auch in der
Weißgerber-Werkstatt sind einige zu finden. |
Die Weißgerber–Instrumente werden oft wegen ihres perfekten Lackbildes gerühmt. Selbst sehr frühe Instrumente weisen noch immer eine
vollkommen geschlossene und fein polierte Lackoberfläche auf. Nach eigener Aussage hat Richard Jacob das Politieren von den Zithermachern
erlernt. In den Werkangaben, die Martin Jacob für die einzelnen Gitarren aufsetzte, ist von einer Schellack-Öl-Politur die Rede. Die Tochter
Richard Jacobs berichtet, dass das Holz erst mit Öl und Bims geschliffen wurde, dann nur noch mit Schellack und Spiritus unter Verwendung eines
Leinenballens behandelt wurde. "Er hat ja alles politiert – zwar vorlackiert, aber das ist dann alles wieder verschliffen worden, bevor
x-mal Schellack-Spiritus-Politur draufkam. Tagelang hat er ununterbrochen politiert." |
Die Materialien wurden fertig bezogen, vor allem aus Markneukirchener Drogerien und Apotheken. Laut Aussage des schon oben
erwähnten Drogisten hat man nach dem Krieg kaum noch die alten Zutaten verwendet. Dadurch sind viele Rezepte verloren gegangen. |
Richard Jacob hatte in seiner ersten Schaffensphase, in der die enormen Variationen an Gitarrenmodellen entstanden, auch sehr viele
Hölzer und Materialien ausprobiert. Instrumente wurden nach Geigenart imitiert. Der Inhalt einiger Flaschen mit der Aufschrift "Geigenfarblack
(No 8II)" und "Deckpolitur" ist eingetrocknet. |
Sehr viele Lackarten gibt es dennoch nicht. Es finden sich Flaschen mit braunem Schellack, brauner Politur, schwarzem Lack, Deckpolitur,
Benzoe in Spiritus. Eine ganze Produktreihe ist von der Marke Leupolit vorhanden. |
Schwarzer Lack wurde vor allem für Stege, aber auch für Hälse gebraucht. Die Gitarren Inv.-Nr. 4655 und 4656 haben solche schwarz
lackierten Hälse. Die Stege wurden vermutlich in aufgeleimtem Zustand poliert. Es existieren mehrere Papier- und Pappzuschnitte, welche die
Decke schützen sollten. Für die Schellack-Öl-Politur wurde wohl Leinöl bzw. Leinölfirnis gebraucht, wovon mehrere Flaschen zeugen. Die
Leupolitreihe und die Produkte von Zweihorn stammen mit Sicherheit von Martin Jacob. |
Die Beschriftung einer Anzahl von Gläsern mit Bügelverschluss zeugen vom Verwendungszweck. Es gibt Ballen für schwarzen, weißen, gelben Lack,
Ballen zum Auspolieren mit Benzoe, zum Poren füllen, mit und ohne Öl. Die Gläser beinhalten jeweils mehr oder weniger grobe Leinenlappen und
Würfel aus hartem Filz. In einigen finden sich zusätzlich Wollstrickstücke oder feines Ziegenleder oder beides. Einige Filzstücke
sind mit Wollstrickstoff umnäht worden. Auch Watte liegt dem Poliermaterial bei. Zwei Ballen sind auf Stäbe gewickelt, auf
Holzspateln wurden Filzauflagen aufgebracht. Damit wurde mit Benzoe bzw. mit Polisch gearbeitet. In einer Pappdose (Inv.-Nr. 5072/318) befindet
sich ein zugebundener Ballen, der mit einem Pulver gefüllt ist. Vielleicht ist dies Wiener Kalk, der zum Hochglanzpolieren dient. Von
diesem ist ein ganzer Karton vorhanden. |
Stege |
In verschiedenen Holzarten gibt es eine beträchtliche Anzahl an fertigen Stegen. Ein großer Teil davon sind Steckerstege vorwiegend in
französischer und Wiener Form. Die Löcher sind noch nicht gebohrt. Vermutlich wurden diese Stege nicht selber hergestellt, sondern von
einem der in Markneukirchen ansässigen Stegschnitzer bezogen. Von diesen Stegformen sind keine Schablonen vorhanden. Nach einem Mustersteg
spanischen Modells wurde eine Anzahl von Birnbaumstegen gefertigt. Auch Aufstellstege in Ebenholz und Palisander fanden Verwendung. Bei Stegen
in der vom Verfasser so bezeichneten französischen Form, sitzen an den Enden der Flügel Augen, welche sich im Inventar auch in
Ebenholz/Perlmutt befinden. Für andere Stege werden kleine Eicheln halbiert und an die Spitzen der Stegenden gesetzt. |
Stegeinlagen und Sättel, die sich in mehreren Kartons finden, bestehen vor allem aus Elfenbein. Andere Materialien sind Ebenholz,
Galalith, Perlmutt, Schildpattersatz und ein milchig-gelblicher Kunststoff. Auch gibt es eine Büchse mit Sätteln unterschiedlicher
Größen, an denen man die Saitenabstände ablesen kann. Zum Teil tragen diese Sättel auf der Unterseite eine vierstellige Nummer. |
Mechaniken und Wirbel |
Zum Inventar gehören neue und gebrauchte Mechaniken. Sie sind in vielfältigen Variationen geprägt oder graviert, sehr einfach oder
aufwendig, auch brüniert, mit unterschiedlichem Wellen- und Knopfmaterial. Abweichend von der Mechanik für sechssaitige Gitarre sind
auch solche für sieben- und achtsaitige, für Schlaggitarre (vorderständige Saitenbefestigung) sowie Einzelmechaniken und
Mandolinenmechaniken vorhanden. |
Die vorhandenen Wirbel sind neu oder gebraucht und in unterschiedlichen Formen und Materialien (z.B. Ebenholz, Palisander,
Ahorn schwarz). Auf einem Zettel der Schachtel ist ein Hinweis auf die Knösing-Gitarren zu finden, "welche am Lager sind". Die vielfältig
variierten Stecker und Knöpfe bestehen aus Ebenholz, Palisander, Mahagoni, Rosenholz, Elfenbein, gefärbtem Hartholz oder auch aus
Kunststoff. |
Einlagen |
Viele Weißgerber-Gitarren sind berühmt für ihre qualitätvollen und aufwendig gearbeiteten Einlagen. Im Nachlass zeugen zahlreiche
Perlmuttornamente, Elfenbeinstücke, Rhomben aus Rosen- und Ebenholz etc. von dieser Intention. In einer Schachtel liegen Laubsägearbeiten aus
Ebenholz für Stegverzierungen. Randeinlagen wurden in diversen Hölzern ausgeführt, z.T. schwarz gebeizt, in Zelluloid, Galalith und
Schildpattersatz. |
Bundmaterial |
Die vorgefundenen Bunddrahtrollen sind allesamt aus relativ weichem Neusilber mit den Breiten 1,7 bis 2,9 mm. Sie tragen keine Noppen.
Deshalb wurden sie gehackt, d.h. Kerben eingeschlagen. Ein Stück Werkzeugstahl aus dem Buffet könnte dafür verwendet worden sein. Es
trägt Schlagspuren an der Fase. Dort befinden sich auch Papierrollen, in die schon vorbereitete Bundstäbchen aufgesteckt sind. Außerdem
existieren Elfenbeinbünde. Solche verarbeitete Richard Jacob hauptsächlich bei seinen historisierenden Modellen. Aber auch bei
späteren Instrumenten sind sie als Rückgriff auf alte Gestaltungselemente vorzufinden. |
Schablonen |
Bei den vorhandenen Schablonen fällt eine unterschiedliche Verarbeitung auf. Als Material diente meistens Holz, seltener sind
kleinere Exemplare aus Karton oder Papier. Viele Schablonen wurden sehr sorgfältig angefertigt. Die Oberfläche wurde fein geschliffen und mit
Schellack poliert. Ein großer Teil der Schablonen, die offensichtlich von Richard angefertigt wurden, ist so behandelt. Sie tragen z.B.
Modellangaben, die mit Bleistift unter den Lack geschrieben wurden. Manchmal ist die Schrift säuberlich nachgezogen. Manche Schablonen
jüngeren Datums bestehen aus Sperrholz. Es wurde das Holz roh belassen, also nicht geschliffen und unlackiert. Sie tragen die Schrift Martins
und sind nach 1960 datiert (vgl. z.B. Inv.-Nr. 5072/347). |
Im Nachlass sind insgesamt 19 Umriss- sowie drei Innenschablonen vorhanden, jeweils in der halben Form. Dies sind vor allem die späten
Modelle. Schablonen der Biedermeier- und Wappengitarren, die hauptsächlich um 1920 gebaut wurden, fehlen ganz. Die Schablonen sind
beschriftet. Es ist mindestens das Modell mit Nummer und/oder Namen angegeben, meistens sind Beleistungsmarkierungen zu erkennen. |
Nach welcher Reihenfolge die Modelle nummeriert wurden, ist aus dem Material nicht ersichtlich. Die Angaben reichen von Nr. 5 bis Nr. 177.
Es sind aber nicht die Nummern, wie sie im Katalog angegeben sind. So trägt das Modell "Record" die Nummer 102, im Katalog jedoch die Nummer
70. Das große Wiener Konzertmodell Nr. 75 erscheint dort als Nummer 48. Vielleicht sind die Modelle aber auch abgeändert worden und mit neuer
Nummer versehen worden. Dafür spricht, dass die Record-Schablone auf das Jahr 1958 datiert ist. Dieses Modell ist jedoch schon sehr viel älter.
Richard Jacob hat es schon gebaut, bevor er seine Instrumente selbst vertrieb. In einem nicht datierten Werbeprospekt der Gebr. Schuster
erscheint es neben dem "Tielke-Modell". |
Andererseits sind verschiedene Umrisse mit derselben Nummer versehen worden. Nr. 56 erscheint dreimal, "sp. 56 Solo" ist kleiner als "56
Konzert-Solo" und auch kleiner als "Modell 56 für Mensur 64 cm". Die beiden letzteren passen wiederum genau ineinander. Im Katalog wird als
Sologitarre die Nr. 123, ein Simplicio-Konzertmodell angegeben. Diese Bezeichnung taucht jedoch weder bei Korpusumrissen noch bei anderen
Schablonen auf. Für Modell "56 Konzert-Solo" ist ein ovales Schallloch vorgesehen. Es ist somit vermutlich das neuere, denn im Katalog sind
noch keine solchen Instrumente aufgeführt. |
Eine Schablone mit der Bezeichnung "Prim Hauser-Götze" trägt die Nummer 5. Es wird zudem auf einen Wölbungsstock "wie zu 100 / gewölbter
Stock Terz, Prim" verwiesen. Das Strad-Modell ist in zwei Variationen vorhanden, wobei das Modell mit Hohlkehle kleiner als dasjenige mit
ovalem Schallloch ist. Beim größeren Modell ist ein ca. 15 mm breiter Streifen angesetzt. Vielleicht wurde es anfangs etwas kleiner gebaut.
Eine Verbreiterung ist bei diesem Modell unproblematisch, da es an Ober- und Unterklotz rechtwinklig zur Mittelachse einige Zentimeter gerade
zusammenläuft. Solche Streifen sind jedoch auch bei weiteren Schablonen angesetzt. |
Drei Umrisse versah Weißgerber mit den Nummern 52 bis 54. Nr. 52 trägt eine Mensurangabe von 62,5 cm, ist somit ein "Damenmodell", Nr. 53
trägt die Bezeichnung "Herren, 1930" und die Angabe 63 cm. Im Katalog wird das "Herren-Torres-Modell" jedoch nur mit 64 cm Mensur angeboten.
Beim Übereinanderlegen der beiden Schablonen erkennt man, dass die Taille gleich ist, das Herrenmodell aber nach oben und unten verlängert
wurde. Die Nr. 54 "Torres - Segovia" passt in dieses Muster nicht hinein. Zu dieser Nummer existiert eine Innenschablone mit Aussparungen
für Ober- und Unterklotz. Der Abstand zur Umrisslinie beträgt ca. 8 mm. |
Eine Terz-Schablone verweist auf die Entstehung des Umrisses ("original hier beiderseits 1 cm mehr nimmt dann ab bis zum Bug, Länge
unten bleibt"). Offenbar wandelte Richard Jacob die Form seiner Vorlagen ab. Bei den Wiener Modellen in der Leipziger Sammlung finden sich nur
Instrumente mit Querleisten. Bei dem "großen Wiener Konzertmodell Nr. 75" sind jedoch sowohl Fächerleisten als auch Querleisten aufgezeichnet.
Die Querleisten sind rot und tragen den Hinweis "wie in Sammlung". Allerdings bleibt unklar, ob damit seine eigene Instrumentensammlung
oder eine andere historische Sammlung gemeint ist. |
Drei der Umrissschablonen - Oktavgitarren unterschiedlicher Modelle - sind zweifelsfrei Martin Jacob zuzuordnen und mit "M. J."
gekennzeichnet. Er versah sie mit Modellbezeichnung, Mensurangabe, Beleistungsmarkierungen und Initialen. Sie wurden nach dem Tod des
Vaters datiert. Auch eine Innenform des Modells 55 könnte von Martin stammen. Beim Vergleich mit der zweiten so benannten Schablone zeigen
sich Abweichungen. |
Zusammen mit den Gitarren erhielt das Musikinstrumenten-Museum vier Zeichnungen von Gitarrenumrissen mit Beleistungsskizzen (Inv.-Nr. 5107). Das Münchner
Modell weist eine aufwendige Kreuzbeleistung auf. Auch Biedermeiermodelle wurden anscheinend mit Fächerbeleistung gebaut. In
die Zeichnung ist neben den Querleisten eine "Verbesserung durch F. Sor" mit drei Fächerleisten skizziert. Die Beleistung einer Gitarre des
Spaniers Benedid (Benediz) entspricht nahezu exakt dieser Anordnung. |
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Richard Jacob Weißgerber: Beleistungsskizzen, um 1925; Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig; Inv.-Nr. 5107.04 "span. Torres
Modell (Strahlenleisten)" Inv.-Nr. 5107.05 "Wiener Modell" Inv.-Nr. 5707.06 "Biedermeier Modell (= schwarz) / Verbesserung durch F. Sor (= rot)" Inv.-Nr.
5707.07 "Münchener Modell (Kreuzleisten)" |
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Es liegen zwölf Zargenschablonen und eine Schablone für Späne zum "Tielke-Modell" vor. Einige der Schablonen wurden für Zargen mehrerer
Modelle verwendet. Es sind dann verschiedene Längen angezeichnet. Bei "Torres Nr. 54" sind auch Striche für "52" bis "54" angegeben, was nicht
die Zargenlänge meint, sondern anscheinend das entsprechende Herren- (= Nr. 53) und Damenmodell (= Nr. 52). Auf einer weiteren Schablone sind
sogar die Nummern "51" bis "55" vermerkt (Die Modellangabe ist nicht vollständig entzifferbar: "Zargen mit ... Wölbung zu ...I"). Vermutlich
wurde ein und dasselbe Modell mit abweichenden Zargenhöhen gebaut. Eine mit "55" bezeichnete Schablone ist für Nr. 55 und Nr. 56 (für Mensur 64
cm und 65 cm) benutzt worden. Auch für Nr. 55 gelten also zwei Formen, ebenso beim Modell "Ideal". Auch hier sind auf einer der beiden
Schablonen mehrere Längen angezeichnet. |
Die nächste Schablone trägt die Bezeichnung "Damen u. Herren II 1935". Wahrscheinlich hat Richard Jacob nicht nur Nummern vergeben,
sondern auch ähnliche Modelle mit römischen Ziffern versehen. Interessant ist "Tielke groß 1927". Diese ist – bedingt durch die
Bodenwölbung -stark geschwungen. Ob die Bezeichnung "groß" auf die Primgröße - im Gegensatz zur Terzgröße - hinweist, oder ob es zwei
Tielke-Modelle gab, ist nicht klar. Eine Zarge "Cello-Gitarre" von Martin Jacob trägt die Maße des Originalinstruments, ist jedoch etliche
Millimeter niedriger als dort angegeben. |
Die Späneschablone der Tielke-Gitarre ist für einen 23-teiligen Boden vorgesehen. Im Katalog von 1933 ist dieses Instrument allerdings
mit 11- bis 21-teiligem Boden aufgeführt. |
Griffbrett- bzw. Mensurschablonen bezeichnen die Mensuren 36 cm (Oktavgitarre von Martin Jacob) bis 66 cm. Teilweise sind dies nur
Leisten, manchmal zugleich Maßgaben für die Griffbrettform. Zwischen den Mensurlängen 62 cm bis 66 cm sind im Zentimeterabstand alle Längen
vorhanden, zusätzlich 62,5 cm, die Richard Jacob für seine Damenmodelle verwendete und 63,5 cm. Diese wurde erst 1957 angefertigt. |
Meist sind Maße für die Griffbrettbreite am Obersattel angegeben. Sie liegen im Bereich von 44 mm bis 57 mm für eine doppelchörige
Terzgitarre. Im Katalog ist unter der Nr. 50 eine "schmälere altdeutsche Gitarre" beschrieben, die mit den sehr schmalen Griffbrettbreiten von 44
mm und 48 mm erhältlich ist. Auch das Tielke-Griffbrett ist nur 44 mm breit. Diese Schablone und auch zwei weitere sind mit
Griffbrettabschluss gearbeitet (vgl. Inv.-Nr. 4771). Auf den meisten Schablonen ist die Position des 1. Bundes vermerkt. Die Werte stimmen
mit der Formel 12√2 überein, wie nachfolgende Tabelle zeigt. Weißgerber hat also keine Abweichungen im ersten Bund unternommen. |
Mensurlänge [cm] |
Angegebene Lage des 1. Bundes [mm] |
Wert berechnet mit dem Faktor 12√2 [mm] |
62 |
34,79 |
34,797 |
62 (M.J.) |
34,8 |
34,797 |
63 |
35,36 |
35,359 |
64 |
35,9 |
35,920 |
65 |
36,5 |
36,482 |
|
Von Martin Jacob stammen Mensurschablonen für Oktavgitarren der Längen 36 cm und 39 cm. Eine Schablone von ihm (datiert 29.12.60) gibt
eine Hauser-Gitarre von "H. Bürger = Wiener Boden und Decke, Modell 54" an, dazu Griffbrett-, Steg-, Zargen- und Wölbungsmaße. Weißgerber wie
auch sein Sohn richteten die Griffbretter mit einem Richtscheit ab, das auf Griffbrett und Steg gelegt wurde. Der richtige Winkel kommt dann
zustande, wenn die Leiste auf dem gesamten Griffbrett aufliegt. Auf der Schablone für die Terzgitarre sind sowohl die Lage mit als auch ohne
Griffbrett ausgearbeitet. Offenbar wurde sie auch zum Hals einpassen, d.h. zur Überprüfung des Halswinkels verwendet. |
Das Inventar enthält weiterhin Schablonen für Zapfen, Halsstöcke (spanisch und für Schwalbenschwanzverbindung), Halsprofile (rund und
spitz) und Halsfuß. Von letzterem existiert eine mit "span. Halsschraube" (für ein spanisches Modell?) bezeichnete Schablone. Für
Baßgitarren sind konische, auf der Bodenseite schmaler werdende Schablonen vorhanden. Interessant ist die Bezeichnung "Rüssel" für einen
spanischen Halsfuß, welche zumindest von Martin verwendet wurde. Auch gibt es Schablonen für die Griffbrettwölbung (quer), eine Schablone, die
Hals- und Kopfschräge kennzeichnet und ein Muster für ein Halsfurnier. |
Kopfschablonen gibt es im Wesentlichen für Modelle in Barockform, Staufferform, spanischer Form und für Bassgitarren. Die Barockformen mit
geschweiftem Umriss und hinterständigen Wirbeln erscheinen in mehreren Größe – und Mustervariationen. Die großen Formen sind mit "Vihuela", die
kleineren mit "Tielke" bezeichnet. Sowohl Richard als auch Martin Jacob unterschieden beide Namen. "Tielke" wird für die sechssaitige Gitarre
mit Bodenspänen verwendet, "Vihuela" für das entsprechende elfsaitige Instrument. Im Katalog wird die Unterscheidung ebenfalls vorgenommen,
auch wenn bei der "Tielke"-Gitarre in Klammer "Vihuela" erscheint. |
Eine Schablone von Martin trägt die Bezeichnung "für Vihuelen oder franz. Wappenform" und ist für elf bzw. sechs Saiten gedacht. Auch
andere Modelle erhielten die barocke Kopfform. Bassgitarrenköpfe haben mehrere Formen. Für die Konzert-Kontra-Gitarre (sieben bis neunsaitig)
ist die Bassseite lediglich etwas verbreitert und nach oben verlängert. Auf einer Abbildung verlaufen die Basssaiten über einen am Kopf
angebrachten Reiter seitlich des Griffbrettes. Eine andere Form ist ein zweiteiliger Kopf, wobei die Verbreiterung auf der Bassseite über ein
Verbindungsstück (für einen Quint-Bass ist hierzu eine Schablone vorhanden) nach hinten versetzt ist. Die im Werkstattinventar
enthaltenen Schablonen hierzu sind zweiteilig und für neun und elfsaitige Bassgitarren vorgesehen. Für lediglich eine zusätzliche
Bassseite ist eine Form konzipiert, bei der bassseitig oberhalb der Fenster ein Fortsatz mit einem Durchbruch besteht, wo eine
Einzelmechanik (Welle) Platz findet. |
Zwei Köpfe sind eigene Modelle von Richard Jacob. Diese laufen nach oben schmaler zu. Desweiteren existiert für das Record-Modell eine
eigene Schablone. Offensichtlich waren hier wenig Varianten vorgesehen. Einige der spanischen Modellschablonen sind zweiteilig. Es sind dies die
Köpfe mit Durchbruch, wofür häufig die Bezeichnung Kronenkopf verwendet wird. |
In einer Papiertüte mit der Beschriftung "Wiener und Biedermeier" (Inv.-Nr. 5072/358) bewahrte Richard Jacob Schablonen für Stege auf.
Einige tragen florale Motive, andere sind durchbrochen, einige haben nach oben geschwungene, sich verjüngende Flügel. Es sind dies alles
Steckerstege. Auch für eine 19saitige Bassgitarre ist eine Schablone vorhanden. Die meisten Stegformen sind komplett, jedoch gibt es auch
Halbformen. |
Inv.-Nr. 5072/360 umfasst Zeichnungen von sehr filigranen Riegelschweifen. Ein Papierstück mit Blattmotiv lässt erkennen, dass
Weißgerber sich Gestaltungsideen in der Natur suchte. In dieser Schachtel liegen auch feine Laubsägearbeiten für Riegelschweife in
Ebenholz, z.B. die Löwengestalt, die bei der im Katalog dargestellten Tielke-Gitarre zu sehen ist. |
Von Martin Jacob stammen einige Muster für spezielle Gitarrenmodelle, z.B. "Strad" und "Record". Im Katalog wurde allerdings
ein anderer Record-Steg abgebildet. Schließlich findet sich auch eine Schablone für einen spanischen Steges im Nachlass. |
Für Schalllöcher existieren ovale Schablonen, sogar mit Modellangabe für "Nr. 56", dreieckige Formen für Wappengitarren sowie Schablonen für
Tielke-Modelle (Vihuela-) in Stern- bzw. Blumenform. Für welche Modelle die C-Loch- und die geflammten Schalllochschablonen dienten, wäre noch
zu klären. |
Für Lauten, die Richard Jacob nach Aussage seiner Tochter nur selten baute, sind ebenfalls Schablonen für Wirbelkästen, Positionen der
Stegbohrungen, Satteleinteilungen, Halsprofil und Bass- bzw. Chanterelle-Reiter vorhanden. Auch zu Gitarrenlauten gibt es Material. |
In nachfolgender Aufstellung sind die Lauten-Stimmungen aufgeführt. Die Reihenfolge beginnt jeweils am linken unteren Wirbel, verläuft erst
nach oben und endet am rechten unteren Wirbel. Dies gibt die Reihenfolge auf dem Griffbrett wieder. Der Schrägstrich gibt den Wechsel der Seite
am Wirbelkasten an. |
Modellbezeichnung |
Stimmung |
Laute Kohlmann 1939 |
D E f g c / f a d g |
Laute 7-teilig (siebensaitig?) |
D E A d / g h e |
Bacher-Laute, 11-saitig |
Gg Cc Ff / aa dd g |
21-saitig |
Cc Dd Ee Ff Gg / Aa dd ff aa d f |
19-saitige Knickhals |
Aa Hh Cc Dd Ee / Aa dd fis fis hh e |
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Der Begriff Bacher-Laute erklärt sich aus dem Katalog. Dort wird unter Nr. 92 eine Renaissance-Laute angeboten, " wie sie von unserm
Spezialisten für alte Gambe- und Lautenmusik Prof. Dr. Bacher gespielt wird." Diese Laute ist mit einem geschwungenen Wirbelkasten gebaut, wie
die Abbildung zeigt. Die beiden Schablonen entsprechen dieser Form. |
Die gleiche Stimmung wie die Bacher-Laute hat die elfsaitige Vihuela. Es gibt unter der laufenden Nummer eine Schablone mit Steg- und
Sattelpositionen dieses Modells, datiert 1959. |
Für eine Schablone mit Positionen der Saitenlöcher des Steges, die neben einer doppelchörigen 20saitigen Knickhalslaute für eine 19chörige
(!) bestimmt ist, lautet der Zusatz "6. / 32". Die Summe dieser Zahlen ergibt genau diese 38 Saiten, wenn jeder Ton doppelt besaitet ist. Dies
würde bedeuten, dass es hier 16 Bässe gab. |
Die überlieferten Wölbungsformen tragen meist keine Bezeichnung. Offenbar wurden sie für unterschiedliche Größen benutzt ("Terz- und
Prim; Quartett"), aber auch für verschiedene andere Modelle. Die Wölbungen sind entweder für die Decke oder den Boden vorgesehen. Tief
gewölbt ist die Bodenform des Modells "Record" (16 mm). Auch für den gespänten Boden des Vihuela-Modells existiert eine Form. |
Saiten |
In dem zur Werkstatt gehörenden Karteikastenschrank wurden Saiten aufbewahrt. Ein großer Teil des Bestandes sind Darmsaiten verschiedener
Saitenmacher, wahrscheinlich nicht nur Gitarrensaiten. Diese sind teilweise zu gerollten Bündeln in Tüten verpackt. |
Bis zur Erfindung der Nylonsaite um 1946 durch Albert Augustine wurden vorwiegend Darmsaiten verwendet, die für Gitarristen immer ein
Problem waren. Viele Hersteller arbeiteten an Verbesserungen, die zahlreiche Patente zur Folge hatten. Die im Inventar enthaltenen Saiten
geben partiell diese Entwicklung wieder. Beispielsweise finden sich von Gläsel & Co. aus Markneukirchen Sätze mit Patentsaiten: g und h besitzen
einen dünnen Stahlkern, um den Nylon- oder Seidenfasern gelegt sind. Diese Saitenseele ist mit textilem Material umklöppelt und lackiert.
Franz Jahnel erwähnt diese Saiten als Patent aus dem Jahre 1934. Die dazugehörende e´-Saite ist nylonumsponnen. Bei einem anderen Satz sind
die Diskantsaiten verdrillt und lackiert. Auch ein Satz Hauser-Saiten ist vorhanden. Dieser Gitarrenbauer hatte bekanntlich sehr intensiv auf
diesem Gebiet mit Andrés Segovia zusammengearbeitet. |
Zu DDR-Zeiten waren Saiten der Firma Fisoma erhältlich, wobei "Super-Solo" führend war. Auf den Instrumenten der Leipziger Sammlung
sind häufig schwarze Diskantsaiten aufgezogen, welche sich ebenfalls in Inv.-Nr. 5072/385 finden. Stahlsaiten gehören nicht zum
Werkstattnachlass. |
Inhalt |
Biographie |
Weißgerber-Gitarren: Überblick |
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